Ansätze der Osteopathie
Parietale Osteopathie
Bei der parietalen Osteopathie handelt es sich um den ersten Teilbereich der Osteopathie. Hierbei werden die Bänder, Gelenke, Muskeln, Sehnen und Faszien (Bindegewebshäute) auf Bewegungseinschränkungen untersucht und behandelt.
Die parietale Osteopathie fokussiert sich auf die Erkennung und Behandlung von Dysfunktionen des Muskel-Skelett-Systems. Damit ist der Stütz- und Bewegungsapparat gemeint. Zuerst wird nach Störungen in den einzelnen Strukturen des Bewegungsapparates gesucht. Mit der anschließenden Behandlung versucht man diese langfristig zu beseitigen.
Zu dem menschlichen Skelett gehören die Gelenke, Knochen, Wirbelsäule und im weiteren Sinne auch die Bänder. Unser Muskelsystem beinhaltet nicht nur die Muskeln, sondern auch die Sehnen, Sehnenscheiden und die feinen Faszien. Die Faszien gehören zum Bindegewebe, das Muskeln, Knochen und Organe umhüllt. Es ist eine Art Netzwerk im ganzen Körper. Somit ist alles miteinander verbunden. Das Zusammenspiel zwischen Nervensystem und Muskel-Skelett-System macht dem Körper Haltung und Bewegung möglich.
Die Balance zwischen den Funktionen der Gelenke, Knochen und Muskeln kann sowohl durch erhöhte als auch zu niedrige Beanspruchung gestört werden. Zum Beispiel können die Faszien, die die Muskeln umgeben, durch Überlastungen verletzt werden. Das führt dann zu Verknotungen und Verklebungen im Bindegewebe. Möglicherweise kann das die Ursache für schmerzhafte Verspannungen sein. Hier setzt die parietale Osteopathie an. Sie sucht, erkennt und behandelt ein vorherrschendes Ungleichgewicht. Dabei muss der Ort des Symptoms nicht dem Ort der Ursache entsprechen. Daher findet sie bei vielen Anwendungsgebieten der Osteopathie Berücksichtigung.
Mithilfe verschiedener Techniken sollen in der parietalen Osteopathie Gelenksblockaden und Muskelverspannungen gelöst, Spannungen und Verklebungen im Bindegewebe erkannt und mobilisiert werden. Ziel ist, dass der menschliche Körper in eine entspannte, gesunde und schmerzfreie Haltung zurückfindet und sich wieder normal bewegen kann.
Viszerale Osteopathie
Die Viszerale Osteopathie ist der zweite Teilbereich der Osteopathie. Hierbei werden die inneren Organe sowie die Strukturen, die sie umgeben, Bewegungseinschränkungen untersucht und behandelt.
Die Organe sind, wie schon bei “Parietale Osteopathie” erläutert, durch Bindegewebe miteinander verbunden. Das Bauchfell umhüllt die meisten von ihnen. Trotz dieser Verbundenheit sind die Organe beweglich und entwickeln jeweils ihren eigenen Rhythmus. Gute Beispiele hierfür sind das Herz, dessen Rhythmus man über die Schnelligkeit des Pulsschlags spürt. Oder die Lunge mit Ihrer Atembewegung. Die anderen Organe entwickeln ebenfalls eine Eigenbewegung. Ein erfahrener Osteopath kann sie sogar spüren.
Sowohl Dysfunktionen der Organe als auch äußere Einwirkungen wie Fehlhaltungen oder Entzündungen können die Beweglichkeit und den individuellen Rhythmus stören. Dadurch können langfristig Verspannungen oder Verklebungen entstehen, die wiederum zu chronischen Überlastungssymptomen führen und weitreichende Folgen haben können. Durch sanfte manuelle Therapie soll die Eigenbewegung der inneren Organe und freie Beweglichkeit im Bauch- und Brustraum gefördert werden. Die dadurch angeregten Selbstheilungskräfte können zu einer besseren Funktionsfähigkeit und dadurch zu einer Reduktion der Symptome führen. Das Wiederherstellen des Gleichgewichts zwischen den Organen und dem Muskel-Skelett-System verbessert die Funktionen der Organe und wirkt sich positiv auf Fehlhaltungen oder Verspannungen des Stütz- und Bewegungsapparates aus.
Cranio-Sacrale Osteopathie
Die cranio-sacrale Osteopathie ist der dritte und letzte Teilbereich der Osteopathie. Hierbei werden feine Bewegungen der Schädelknochen, des Kreuzbeins und des dazugehörigen Bindegewebes untersucht und behandelt.
Es wird das Ziel verfolgt, den freien Fluss der Flüssigkeitssysteme an der Wirbelsäule vom Schädel bis zum Kreuzbein – insgesamt im sog. cranio-sacralen System – zu stimulieren oder bei festgestellten Störungen wiederherzustellen. Denn die im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) vorkommende Körperflüssigkeit (Liquor) ist für die Entwicklung, Funktionsfähigkeit und das Wachstum des Gehirns notwendig. Sie leitet wichtige Nährstoffe zum Gehirn und an die Nerven weiter. Störungen im cranio-sacralen System können sich beispielsweise in Migräne, Rückenschmerzen, oder in einer Immunschwäche äußern.
Die cranio-sacrale Osteopathie geht davon aus, dass es auch einen Rhythmus des Liquors und anderer Flüssigkeiten gibt. Die Bewegungen der Flüssigkeiten im Rückenmark und Gehirn zwischen Schädel und Kreuzbein werden von erfahrenen Osteopathen als leichtes Pulsieren wahrgenommen. Diese feinen Schwingungen werden auf andere Körperflüssigkeiten und umliegende Gewebe übertragen und folglich beeinflussen.
Bei der Behandlung kommen sanfte Zug- und Druckbewegungen sowie ein leichtes Halten verschiedener Punkte zum Einsatz. Hierdurch können Knochen, Muskeln, Nerven und Organe wieder in einen natürlichen Fluss gebracht werden.
Die cranio-sacrale Osteopathie wirkt sich – wie alle anderen Teilbereiche der Osteopathie – auf den gesamten Organismus des Menschen aus. So ist es möglich, in ganz unterschiedlichen Bereichen des Körpers gleichzeitig Wirkungen zu erzielen.
Traumsensible Osteopathie
Die traumasensible Osteopathie ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Behandlung von körperlichen und emotionalen Traumata und betrachtet dabei die Wechselwirkung zwischen Körper, Geist und Seele.
Diese Weiterentwicklung der Osteopathie basiert auf dem Verständnis, dass Traumata nicht nur psychische, sondern auch körperliche Auswirkungen haben können. So können beispielsweise emotionale Traumata, wie Missbrauch oder Verlust, zu einer erhöhten Muskelspannung, eingeschränkter Beweglichkeit oder chronischen Schmerzen führen. Diese körperlichen Symptome sind häufig eng mit den psychischen Belastungen verknüpft.
Eine ganzheitliche Betrachtung und Behandlung sind notwendig, um den Patienten effektiv zu unterstützen. Die Therapie zielt darauf ab, die körperlichen und emotionalen Blockaden zu lösen und damit die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren.
Auf emotionaler Ebene kann die traumasensible Osteopathie Techniken, wie das Führen eines achtsamen Dialogs mit dem Patienten, einsetzen, um die emotionale Dimension des Traumas zu erkunden und zu bearbeiten.
Dabei kann der Osteopath seinen Patienten anleiten, über seine Gefühle und Erfahrungen zu sprechen und dabei körperliche Empfindungen und Veränderungen wahrnehmen. Das Einverständnis und Grenzen des Patienten werden selbstverständlich gewahrt und respektiert.
Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt die Regulierung des vegetativen Nervensystems dar. Die neurovegetative Regulation hat das Ziel, das Nervensystem in eine Balance zu bringen und für Wohlbefinden zu sorgen.
Manchmal führt ein Ungleichgewicht zwischen dem sympathischen Nervensystem, welches für „Kampf -und/ oder Fluchtverhalten“ steht und dem parasympathischen Nervensystem, welches für „Erholung und Regeneration“ steht, zu Symptomen wie Schlafstörungen, Angstzuständen und Verdauungsproblemen. Diese Symptome können die Lebensqualität des Betroffenen stark beeinträchtigen.
Um das vegetative Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen, werden meistens sanfte Techniken am faszialen und kraniosakralem System angewendet. Zudem kommen Atem- und Entspannungsübungen zum Einsatz. Auch Achtsamkeitspraktiken aktivieren das parasympathische System und fördern die innere Balance.